Zwischenbericht Nr. 8, Weihnachten 2023
Liebe Helferinnen, Helfer und Unterstützer unserer medizinischen Hilfe für die Ukraine,
liebe Freunde, verehrte Interessierte,
seit dem letzten Bericht vom August 2023 ist wieder Einiges geschehen, sodass ich kurz vor Weihnachten und zum Jahreswechsel Aktuelles erzählen möchte.
Seit dem Überfall Russlands im Februar 2022 konnten wir bereits 25 Sattelschlepper voller medizinischer Güter – ca. 300 Tonnen- an verschiedene Orte in der Ukraine schicken (aktuelle Karte anbei). Das alles war nur möglich durch ein großes und auch weiter wachsendes Netzwerk hilfreicher Kontakte und großzügiger Unterstützer:Innen.
Anfang September haben wir zu dritt unsere Kollegen und Freunde im Christian Medical Center in der West-Ukraine besucht – ungeachtet des laufenden Angriffskrieges. „Wir“ – das waren Claudia Borowski, langjährige Unterstützerin der Medizinhilfe, ehrenamtliche Hanauer Stadträtin und Präsidentin des Zonta Club Hanau sowie Andreas Thienert, der sich als Mitarbeiter des Kirchenkreisamtes Hanau um unsere Finanzen kümmert. Wir konnten dort nun zum zweiten Mal mit der Rektorin der Universität sprechen, um gemeinsam nach Wegen zu suchen, wie wir Ausbildung unterstützen können. Seit einem Jahr existiert eine Projektpartnerschaft zwischen den Städten Mukachevo und Hanau. Die Bereitstellung von Praktikumsplätzen für ukrainische Studentinnen (männliche Studenten können das Land nicht verlassen) bei uns in Hanau in verschiedenen Bereichen und Firmen wäre ein guter Beginn eines städtepartnerschaftlichen Projektes. Auch aus dem Besuch bei der Freiwilligen christlichen Feuerwehr der Region könnte sich eine Zusammenarbeit entwickeln.
Bei der Gelegenheit wurde eine Zahnarztpraxis von einem jungen engagierten Zahnarztehepaar auf dem Land besichtigt, das sich rührend zusammen mit der Dorfgemeinschaft um Arme, Kranke und Geflüchtete kümmert. Sie bräuchten dringend eine zweite funktionstüchtige Zahnarztbehandlungseinheit, um parallel Patienten versorgen zu können. Wir haben vielleicht Passendes in Aussicht.
Weiter haben wir neben dem Medical Center auch ausgiebig das Städtische Klinikum in Mukachevo besucht und dabei den jungen Chefarzt Jevgen Meskho kennengelernt. Er bat uns um Ausstattung für den alten OP-Bereich, insbesondere um chirurgische Instrumente und Geräte. Da passte es perfekt, dass wir kurz vorher das Inventar des nicht mehr genutzten OP-Traktes im St. Vinzenz-Krankenhaus in Hanau angeboten bekommen hatten. Zusätzlich erhielten wir viele nur wegen eines fehlenden CE-Stempels in Deutschland nicht mehr zugelassene chirurgische Instrumente.
Im November haben wir mit 40 Ehrenamtlichen in fünf Organisations- und Arbeitstagen alles abgebaut und transportfähig verpackt. Nahezu zeitgleich hat das St. Katharinen-Krankenhaus aus Frankfurt unsere Hilfe erneut mit Gerätespenden unterstützt – unter anderem mit drei funktionstüchtigen Narkosegeräten samt Zubehör, verschiedene Geräte für Schmerztherapie, Schmerzpumpen, Sauerstoffarmaturen und Vieles mehr.
Nun kann die Ausstattung des OP-Bereichs in Mukachevo bald deutlich optimiert werden. Schlussendlich haben wir alles zusammen Anfang Dezember nach Mukachevo senden können und bereits die Fotos vom Ausladen aus der Klinik erhalten. Die Fotos von Abbau und Ankunft finden sich auf unserer Homepage. Bei meinem nächsten Besuch in 2024 kann ich dann hoffentlich den Einsatz der Spenden vor Ort fotografisch dokumentieren. Dr. Meskho freut sich auf den nächsten Besuch.
Im Spätherbst erhielten wir völlig unerwartet die Nominierung für den Deutschen Engagementpreis und wurden zu unserer großen Freude für Anfang Dezember zu der ehrenvollen Preisverleihung nach Berlin in der Deutsche Theater eingeladen. Um unsere Arbeit sichtbar zu machen, wurde sogar ein Filmteam vom Bundesverband Deutscher Stiftungen geschickt. Das kurze Video findet sich auf der Frontseite unserer Homepage https://www.medizinhilfe.com/.
Sechs Aktive der Medizinhilfe fuhren gemeinsam Anfang Dezember nach Berlin und nahmen glücklich den Sonderpreis des Expertenteams des Deutschen Engagementpreis 2023 an. Eine große Auszeichnung bei über 380 Bewerbungen und nur 7 Preisträgerinnen/Preisträgern. Die Laudatio hielt auf Deutsch Alisa Podolyak, Botschaftsrätin der ukrainischen Botschaft in Berlin. Wir haben nun erstmals einen direkten Kontakt zur ukrainischen Botschaft. Vielleicht werden wir diesen einmal benötigen.
In einem Glückwunschschreiben an die Medizinhilfe schrieb Susanne Simmler, Sozial-dezernentin des Main-Kinzig-Kreises: “Der Deutsche Engagementpreis ist die bedeutendste Auszeichnung für bürgerschaftliches Engagement in unserem Land. Dass Sie ausgewählt wurden, halte ich für passend und überzeugend.“ Der Hanauer Oberbürgermeister Claus Kaminsky schrieb: „Welche schöne und verdiente Auszeichnung. Ihre wichtige Arbeit wird damit auch landesweit wertgeschätzt.“ Diese Worte der Würdigung, auch von politischer Seite, bedeuten für unsere Arbeit viel. Denn gerade die Stadt Hanau steht uns schon viele Jahre hilfreich zur Seite, öfter mit logistischer Unterstützung.
Von links nach rechts: Martin Diener, Dr. Martin Weindel, Dr. Andrea Müller, Reinhold Brodt, Dr. Martina Scheufler, Alisa Podolyak, Vladlen Maslov; auf der Bühne die Moderatorin Jana Pareigis
Zu guter Letzt für dieses Jahr befinden sich noch 2,1 Tonnen glutenfreie Nahrungsmittel für Kinder mit Beeinträchtigungen sowie chirurgische Instrumente auf dem Weg nach Odessa.
Dieses zweite Jahr seit Kriegsbeginn bedeutete für uns alle einige Herausforderungen, die wir gemeinsam gemeistert haben. Ohne Ihre/Eure Hilfe, Unterstützung und Spenden wäre das alles nicht möglich gewesen. Dafür danken wir – auch im Namen der Empfänger in der Ukraine – Ihnen und Euch allen ganz herzlich.
Frohe Weihnachten und ein friedliches und gesundes neues Jahr für uns alle wünscht Euch und Ihnen
Martina Scheufler – im Namen des Leitungsteams der Medizinhilfe